Rede des Fraktionsvorsitzenden Willi Kamm zur Verabschiedung des Kreishaushaltes 2014

Veröffentlicht am 06.12.2013 in Kreistagsfraktion

Bilanz der letzten fünf Jahre in Kreistag.
Was haben wir erreicht?
Wohin wollen wir? 

Es geht uns gut!

Sehr geehrter Herr Landrat Bär,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Damen und Herren auf der Verwaltungsbank, verehrte Presse, verehrte Öffentlichkeit hier im Saal
und auf der ganzen Welt,

Es geht uns gut und das darf auch die NSA wissen!

Es geht uns gut in Tuttlingen, in Baden-Württemberg, in Deutschland - in der neuen Schwarz-Rot-Grünen Republik.

Geht es uns auch gut, wenn wir auf Europa, wenn wir auf die Welt als Ganzes schauen?

Als führende Exportnation, als wirtschaftsstarkes Land und als wirtschaftsstarke und exportabhängige Region beschleicht uns hier doch ein leichtes Unbehagen.

Wir sehen und beobachten mit Sorge, wie das Ungleichgewicht im Großen und im Kleinen weiter zunimmt.

Wir sehen wie Menschen ihre Heimat verlassen weil sie nicht mehr in Frieden leben können, weil sie nicht wissen wie sie ihre Kinder ernähren sollen oder weil Naturkatastrophen ihre Existenz zerstören.

Wir sehen wie Landstriche in Deutschland und Dörfer ganz in unserer Nähe ausbluten und ganze Straßenzeilen auch hier bei uns ganz in der Nähe leer stehen.

Geht es uns auch gut, wenn wir an die Obdachlosen und Armen hier in unserer Stadt und unsere Region denken? Wenn wir an die einsamen alten und jungen Menschen denken, die sich nach einer intakten Familie sehnen und unter häuslicher Gewalt leiden?

Geht es uns auch gut, wenn wir an den oft kompromisslosen Streit um Symbole denken, den Streit um den eigenen Kirchturm, das Windrad, Gefängnis, Vereinsheim oder das Kopftuch unserer Nachbarin?

Wir wollen den Wandel, die Zukunft Deutschlands, die Zukunft unserer Heimat gemeinsam mit den Menschen gestalten und deshalb übernehmen wir Verantwortung und suchen wir nach neuen, innovativen Wegen, deshalb ringen wir immer wieder auch hier in diesem Gremium mit Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen um Kompromisse.

Global sozial und regional konkret, so wünschen wir uns eine Politik, die Verantwortung für den Menschen übernimmt.

Die Ziele der SPD Kreistagsfraktion in den letzten 5 Jahren waren in aller Kürze:

Arbeit und Ausbildung ist die Basis unserer sozialen Demokratie. Unserer Jugend müssen wir die Möglichkeit geben, einen Beruf zu erlernen und Verantwortung zu übernehmen. Wir sind stolz auf die geringen Arbeitslosenzahlen in unserer Region. Wir fördern die berufliche Bildung in besonderer Weise und wir sollten auch die Arbeit des Kreisjugendreferates mit Nachdruck unterstützen und den Sperrvermerk bei der geplanten Halbtagesstelle baldmöglichst aufheben. Wenn wir junge Menschen in der Region halten wollen und neue Jugendliche in unsere Region locken wollen, kommt dieser Arbeit in Stadt und Land eine besondere Bedeutung zu. Wir unterstützen insbesondere die Initiative von Herrn Hauser, der das Thema Mobilität der Jugend im ländlichen Raum zusammen mit Daimler aufgegriffen hat.

Unsere Sozialpolitik setzt auf gute bezahlbare Ganztagsbetreuung, damit sich Familien entwickeln und Gemeinschaften über Generationen hinweg bestehen und wachsen können. Gut angelegt sind auch die Investitionen im Bereich der Krisenintervention bei der „Kindeswohlgefährdung“. Hier hat die Landkreisverwaltung und insbesondere der Sozialdezernent H. Mager gute Arbeit geleistet und uns ein Konzept vorgelegt, das wir voll und ganz unterstützen.

Auf gelebte Solidarität zwischen den unterschiedlichen Gruppen der Gesellschaft werden wir auch in Zukunft verstärkt achten. Soziale Initiativen können mit unserer Unterstützung rechnen und wir begrüßen die Dynamisierung der Landkreiszuschüsse an soziale Einrichtungen ausdrücklich. Mit der Erhöhung um 2,4% im Jahr 2014 können zwar nicht alle Wünsche erfüllt werden, aber wir haben eine verlässliche Basis geschaffen, mit der die vielen sozialen Initiativen in unserem Landkreis hoffentlich gut planen und  leben können.

Zum Thema der globalen Solidarität gehört für uns konkret, dass wir uns um die angemessene Unterbringung der Asylbewerber in unserem Landkreis kümmern. Hier konnten deutliche Verbesserungen erzielt werden, aber angesichts der monatlichen Zuwachszahlen, stehen wir hier vor einer großen Herausforderung, die wir nur gemeinsam schultern können. Neben dem Betreuungsangebot, für das wir zwei zusätzliche Halbtagstellen schaffen, brauchen wir eine Sprachförderung vom ersten Tag und das Thema der Willkommenskultur sollten wir auch in diesem besonderen Fall als Aufgabe und Chance für ein friedvolles Miteinander begreifen.

Die beiden Standorte unserer Klinik müssen erhalten und gestärkt werden. Dabei kommt es darauf an, die Spezialisierung weiter voran zu treiben und die Wartezeiten in den Ambulanzen deutlich zu verkürzen. Wenn wir dem Anspruch des Weltzentrums der Medizintechnik gerecht werden wollen, brauchen wir einen noch engeren Schulterschluss zwischen Landkreis, Stadt  Tuttlingen, der örtlichen Industrie und den Hochschulen im Land. Hier gibt es erfreuliche Signale und wir würden uns freuen, wenn Tuttlingen nicht nur in der Medizintechnik, sondern auch in der medizinischen Versorgung zu einem landesweiten Modell entwickelt werden könnte.

Die Prinzipien der Nachhaltigkeit sind in allen Lebensbereichen zu beachten. Unser besonderes Augenmerk liegt hierbei auf dem sparsamen Umgang mit Energie, Wasser und Fläche. Hier begrüßen wir den Beschluss zum Klimaschutzkonzept, das im nächsten Jahr erstellt werden soll. Wir sehen auch in der Bewerbung zum Laederprogramm und der RegioWIN-Bewerbung die Chance den Gedanken der Nachhaltigkeit noch stärker in der Region zu verankern.

Was den aktuellen Haushalt 2014 und die damit verbundenen Investitionsplanungen bis 2017 betrifft, möchte ich hier nur einige wenige Schlaglichter setzen.

Zuerst gebührt der grün roten Landesregierung und insbesondere dem Finanz und Wirtschaftsminister Nils Schmid ein herzlicher Dank für die mutige Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Hier konnten wir deutliche Steuermehreinnahmen erzielen, ohne dass die Baukonjunktur Schaden gelitten hätte und auch für die Zukunft dürfen wir noch weitere positive Effekte in unserer Region erwarten. Dabei sehen wir keinen Spielraum für eine Diskussion aus diesem Grunde die Kreisumlage im Jahr 2014 nach unten zu korrigieren. Wir sollten das Fell des Bären erst dann verteilen, wenn wir ihn erlegt haben.

Unsere Bildungslandschaft wird sich in den nächsten Jahren aufgrund des demographischen Wandels radikal verändern und auch unsere Nahverkehrsplanungen entscheidend beeinflussen. Die anstehende Schulentwicklungsplanung, neue Ganztagsangebote in den Schulen und Angebote zum lebenslangen Lernen, müssen wir als Chance begreifen und mit konstruktiver Kritik begleiten und voran bringen. Der Tatsache, dass die Schülerzahlen im Land bis 2025 um ca. 20% sinken werden, müssen auch wir in die Augen schauen. Hier sollten wir unsere Kräfte bündeln und Bildungsangebote dezentral konzentrieren.

Ausgaben in unserem Sozialhaushalt sind Investitionen in ein soziales Miteinander. Wenn wir diese Ausgaben reduzieren wollen, brauchen wir mehr Gemeinsinn, mehr Bildung, mehr Kultur und weniger Kommerz.

Wir brauchen auch mehr Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Wirtschafts- und Lebensbereichen: Mehr Generalisten und weniger Spezialisten, mehr Praktiker des Lebens, die sich und Ihre Familie versorgen können und nicht ausschließlich von fast food & Coffie to go leben.

Die Frage nach dem Wert unserer Gesundheit hat uns in der Vergangenheit sehr intensiv beschäftigt und wir alle können sicher sein, dass das auch zukünftig regelmäßig der Fall sein wird. Auch hier geht es um eine ganzheitliche Betrachtung.

Wir freuen uns alle über ein längeres Leben und wir vertrauen darauf, dass die medizinische Versorgung immer besser wird. Auf der Grundlage des Solidaris-Gutachtens haben wir die Klinik-Reform im Landkreis auf den Weg gebracht. Wir haben die Strukturen verändert und investieren in die bauliche Entwicklung des Klinikums. Wir haben die Führungsspitze des Klinikums verstärkt und vertrauen darauf, dass die vorgegebenen Qualitäts- und Finanzziele bis Ende 2015 erreicht werden.

Wir ermutigen aber auch alle, die Klinikleitung wie auch den Personalrat und die Mitarbeiter, bei denen allen wir uns hier an dieser Stelle herzlich für ihr geleistete Arbeit bedanken, rechtzeitig auf mögliche Fehlentwicklungen hinzuweisen. Scheuen wir uns nicht von der Wahrheit. Der Alltag birgt immer wieder neue Überraschungen, die eine Kurskorrektur in die eine oder andere Richtung erforderlich machen.

"Problem erkannt, Gefahr gebannt", muss dabei die Botschaft lauten.

Sehr geehrter Herr Landrat Bär, sehr geehrter Herr Finanzdezernent Bernhard,

in Ihrem Entwurf zum Haushalt 2014 haben sie für die SPD-Fraktion nachvollziehbar dargelegt, dass sie die anstehenden Aufgaben, insbesondere im Hinblick auf die Investitionen im Bereich der Klinik in Tuttlingen, mit einer Anpassung, sprich Erhöhung der Kreisumlage um 0,75 % Punkte auf 35,10% bewältigen können.

Wenn es jetzt Stimmen gab, sehr geehrter Kollege Wuhrer,  die Kreisumlage um weiterer 0,25 % Punkte zu erhöhen und dies damit begründet wurde, dass Vorsorge für die zukünftigen Investitionen getroffen werden soll, sehen wir hier aktuell keinen Spielraum. Wir vertrauen im Übrigen auch darauf, dass eine schwarz rote Koalition in Berlin ihre Versprechen wahr machen wird und die Kommunalfinanzen weiter entlastet werden. Hier gilt es wachsam zu bleiben und unsere Stimme frühzeitig zu erheben, wenn den Versprechen keine Taten folgen.

Für eine Senkung der Kreisumlage, wie sie von ihnen Herr Kollege Stier kurzfristig ins Gespräch gebracht wurde, sehen wir allerdings auch keinen Spielraum. Ihr Hinweis auf finanzschwache Gemeinden im Landkreis nehmen wir ernst aber hier müssen wir andere Ausgleichsmechanismen diskutieren. Auch in unserem prosperierenden Landkreis Tuttlingen, gibt es strukturschwacher Gemeinden die auf einen fairen Interessenausgleich hoffen.

Hier brauchen wir mehr und nicht weniger Kooperation. Wir brauchen auch den Mut über neue Strukturen, vielleicht auch Verwaltungsstrukturen nachzudenken und Entwicklung kann auch in unserem Landkreis Rückbau bedeuten.

Wenn wir nicht nur qualitativ sondern auch quantitativ weiter wachsen wollen, müssen wir uns mit dem Gedanken anfreunden, dass wir uns für Fremde, auch außereuropäische Kulturen weiter öffnen müssen. Ob wir das wollen und in welchem Umfang unsere Gesellschaft hier zu bereit ist, bleibt eine offene Frage.

Im Namen der SPD Fraktion möchte ich mich bei Ihnen Herr Landrat Bär und bei Herrn Finanzdezernent Bernhard bedanken. Unser Dank gilt auch allen anderen Dezernenten,  insbesondere dem ersten Landesbeamten Herrn Hellbig, für seine Ausdauer beim Nahverkehr und dem guten Nahverkehrskompromiss, den er zwischen Landkreis und Stadt ausgehandelt hat. Bei der 2014 anstehenden Diskussion zur Thema Umsetzung der Wasserrechtsrahmenrichtline, wünschen wir ihm ähnlich viel Fortüne.

Unser Dank gilt nicht zuletzt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und natürlich auch Ihnen lieben Kolleginnen und Kollegen im Kreistag. Ich wünsche uns allen gesegnete und erholsame Feiertage, ein friedvolles neues Jahr 2014 trotz der anstehenden Kommunal- und Europawahlen und ich kann Ihnen versichern, dass ich auch zukünftig mit Leidenschaft an der Entwicklung unserer Region weiter arbeiten werde: BLACK TO BLACK, vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer braucht unser Land, braucht Europa neue Leuchttürme der nachhaltigen Regionalentwicklung. Leuchttürme wie die Musikhochschule Trossingen, die unserer Kultur und die Herzen der Menschen zum Klingen bringen.

 

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